Strategy& hat 30 führende Europäische Banken sowie Fintechs aus acht verschiedenen Ländern zum Thema Payment Services Directive 2 befragt. Parallel dazu: eine Befragung von 1'000 Kunden zu ihrem Zahlungverhalten.
Der Hintergrund der Studie
Die Macher der Studie sehen PSD2 als Katalysator für neue Bankgeschäftsmodelle, mit neuen Chancen und Risiken. Dies vor dem Hintergrund eines tiefgreifenden Umbruchs, in dem sich die Finanzindustrie aktuell bereits befindet. Ein Umbruch, getrieben durch Digitalisierung, neue Kundenerwartungen, herausforderndes Marktumfeld, steigenden Wettbewerb von Fintechs und Tech-Firmen sowie die Umsetzung regulatorischer Massnahmen. Die Studie geht davon aus, dass PSD2 zu neuen Marktentwicklungen führt, die von Banken nicht ignoriert werden dürfen. Zentrale Ergebnisse der Studie im Überblick:
Die Banken
Die Befürchtungen der Banken:
- 88 Prozent erwarten zunehmenden Wettbewerb von Drittanbietern
- 68 Prozent befürchten den Verlust der Kundenschnittstelle
- 68 Prozent gehen davon aus, dass PSD2 die Bankenposition (weiter) schwächen wird
Der Pessimismus der Banken resultiert aus zwei zentralen, neuen Anforderungen von PSD2:
- Drittparteien wie Fintechs, Telekommunikationsanbieter, Tech- und Datenunternehmen werden künftig in den Regulationskreis miteinbezogen und somit offiziell als Teilnehmer auf dem Zahlungsverkehrsmarkt anerkannt
- Banken werden durch PSD2 verpflichtet, diesen Drittparteien Zugang zu den Konto- und Zahlungsdaten zu gewähren und ihnen die Möglichkeit zu geben, Zahlungen im Auftrag des Kunden auszuführen (vorliegende Zustimmung des Kunden vorausgesetzt)
Dadurch erhalten Drittparteien die Möglichkeit, Produkte und Services auf Basis der von den Banken bereitgestellten Daten zu entwickeln. Davon könnten zum Beispiel Anbieter von digitalen Finanzübersichten (Personal Financial Management), Zahlungs-Apps oder Vergleichsportalen profitieren. Strategy& sieht in diesen Resultaten eine Entwicklung, die von Banken nicht auf die leichte Schulter genommen werden sollte, da Drittparteien mit ihren Angeboten häufig an der Kundenschnittstelle ansetzen.
Die Konsumenten
Die Befragung der Konsumenten unterstreicht die Befürchtungen der Banken: Drittparteien gehören heute schon zum etablierten Bestandteil des Konsumentenverhaltens.
- 88 Prozent der Befragten nutzen das Angebot von Online-Bezahlsystemen, also Drittanbietern, für Online-Einkäufe
- 82 Prozent stimmen voll oder teilweise zu, dass diese Drittanbieter Zahlungen so sicher und zuverlässig handhaben können wie ihre Hausbank
Dr. Jörg Sandrock (Leiter der Digital Practice Financial Services bei Strategy&) erwartet, dass Drittparteien ihr Angebot in Finanzdienstleistungen ausweiten werden, auf der Basis existierender Kundenbeziehungen :
«In einer zunehmend digitalisierten Welt suchen Konsumenten nicht nach Spezialisten, sondern schätzen eine bequeme Bündelung von Produkten und einfacher Bedienung.»
Der Markt
Strategy& geht davon aus, dass durch PSD2 Marktentwicklungen über den Zahlungsverkehr hinaus angestossen werden und untermauert ihre These mit folgenden Überlegungen: Um die Daten zwischen Banken und anderen Parteien auszutauschen und Zugang zur Bankinfrastruktur zu gewähren, werden voraussichtlich Standardschnittstellen (Application Programming Interfaces, APIs) etabliert werden. APIs sind bereits heute ein elementarer Baustein vieler digitaler Geschäftsmodelle von Startups wie beispielsweise Fintechs. Sie ermöglichen es, modular, schnell und kostengünstig Geschäfte aufzubauen und zu skalieren, indem einzelne Bausteine wie Daten, Funktionalitäten oder Produkte von Partnern integriert werden.
«Unsere Studie zeigt, dass einige Banken PSD2 vor allem als Compliance-Übung begreifen, sich selbst als „Datenlieferanten“ sehen und nicht über die regulatorischen Muss-Anforderungen hinaus Chancen prüfen.»
Dr. Jörg Sandrock
Empfehlung der Macher der Studie
Sandrock sieht durchaus positive Auswirkungen und Bewegung in allen Lagern: Erste, innovative Startups und Banken zeigen, dass APIs, Daten und Partner-basierte Ansätze den Kundenfokus, Innovation sowie Time-to-Market fördern und dementsprechend wertstiftend sein können. Innovatoren auf beiden Seiten warten zudem nicht die Einführung der PSD2 in 2018 ab, sondern agieren jetzt.
«PSD2 wird ein Katalysator für Entwicklungen sein, die bereits jetzt beobachtbar sind», resümiert Sandrock, «Banken sind daher gut beraten, sich jetzt mit PSD2 – und vor allem mit den strategischen Implikationen über die PSD2 hinaus – zu befassen.»
Die Studie: PSD2 – Start of a new era of open Banking?
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