Deutsche Bank

Dem Gerumpel werden Taten folgen

Bild: Christian Sewing (Foto: Deutsche Bank | Mario Andreya)

Nach dem überraschenden Sesselwechsel im Vorstand der Deutschen Bank, ist Christian Sewing nicht nur Chef einer Grossbank, er ist auch Herr über zahlreiche Baustellen.

Überraschend war nicht das Ausscheiden von John Cryan, das haben die Spatzen schon länger von den Dächern gepfiffen, für allgemeines Erstaunen hat die Wahl des Nachfolgers, Christian Sewing, gesorgt. Das zweite Gerumpel hat sich dann der Aufsichtsratsvorsitzende, Paul Achleitner, gefallen lassen müssen. 

Hatte die Börse am Montag die Veränderungen in der Führungsetage der Deutschen Bank noch mit einem temporären Höhenflug der Aktie goutiert, musste sich Paul Achleitner am gleichen Tag harsche Kritik von Grossaktionären anhören. Die Krisensitzung des Aufsichtsrates vom Sonntagabend mit der Ernennung von Christian Sewing als neuen Vorstandsvorsitzenden und anschliessender Medieninformation, kam nicht durchwegs gut an. Der mächtige britische Aktionärsberater Hermes hat die folgende Breitseite an die Adresse von Achleitner platziert:

Die Ernennung von Christian Sewing ist der dritte Chefwechsel während seiner sechsjährigen Amtszeit. Warum musste jetzt ein neuer Chef ernannt werden? Was bedeutet der Chefwechsel für die Strategie der Bank, und insbesondere die Investmentbank, und ihre Umsetzung?

Starke Worte zum Antritt

Jetzt ist er aber einfach da, der neue Hoffungsträger an der Spitze der Deutschen Bank. Der zahlreichen offenen Baustellen scheint er sich bewusst zu sein, zumal er die Bank und ihre Probleme seit 25 Jahren von innen und von aussen kennt. Christian Sewing hat seine Laufbahn bei der Deutschen Bank mit einer Banklehre begonnen und sitzt nach einem Vierteljahrhundert in der Top Etage auf dem Chefsessel. Das ist nicht nur bemerkenswert, das ist auch sympathisch.

Ebenso bemerkenswert ist der Brief, den Sewing am Montag nach seiner Ernennung an die ganze Belegschaft der Deutschen Bank verschickt hat. Darin fordert er die verlorengegangene "Jägermentalität" zurück, um der Konkurrenz Kunden abzujagen und sie das Fürchten zu lehren. Den "soliden" Start ins aktuelle Jahr bewertet er mit der Bemerkung, dass "solide" nicht der Anspruch der Deutschen Bank sein darf, solide ist nicht gut genug. Die Kosten für das laufende Jahr deckelt er bei 23 Milliarden Euro und mit der klaren Direktive: "Das ist nicht verhandelbar."

Christian Sewing kündigt auch an, "klarer und schneller entscheiden" zu wollen und unterstreicht seine Ankündigung mit der formulierten Absicht: 

Wir werden harte Entscheidungen treffen und umsetzen

Zu den Zielen, welche auf der Kosten- und Ertragsseite in der Vergangenheit verfehlt worden sind, meint Sewing:

Gute Gründe mag es hier und da dafür gegeben haben. Aber es hat unserer Bank dennoch geschadet. Das wird das Führungsteam nicht mehr akzeptieren. 

Der ausführliche Brief an die fast 100'000 "Kolleginnen und Kollegen" lässt auch in weiteren Teilen keine Fragezeichen zu Intentionen und Zielen offen. Lesenswert, das Papier kann im Anschluss an diesen Artikel runtergeladen werden.

Zum Erfolg verdammt

Wer einen Brief mit diesen Inhalten verfasst und verschickt, der weiss, was er tut und ist sich bewusst, dass er (auch) daran gemessen wird. Ob die starken Worte auf dem Boden einer ebenso starken neuen Strategie gewachsen sind oder ob es im Moment mehr um die eigene Positionierung geht, wird sich erst zeigen. Ein mutiger Schritt ist die schriftlich formulierte Antrittsrede auf jeden Fall – und auch ein notwendiges Signal gegen innen und gegen aussen. 

Christian Sewing ist so oder so zum Erfolg verdammt – für die Bank, für eine riesige Zahl von Mitarbeitern und auch für den Vorstand selbst sowie für den Aussichtsrat. Deshalb braucht der neue Vorstand jetzt zuerst einmal Zeit. Auch dann, wenn Aktionärsvertreter und Aufsichtsrat aufs Tempo drücken und schnelle Erfolge sehen wollen. Hintergrund, Geschichte und formulierte Absichten von Christian Sewing könnten den gewünschten Erfolg möglich machen, Wunder über Nacht sind dennoch nicht zu erwarten. Fehlende Strategie sowie Probleme und Baustellen, die sich in den vergangenen Jahren aufgetürmt haben, lassen sich nicht im Handumdrehen abbauen und in schnellen und gleissenden Erfolg verwandeln.

Immerhin hat der neue starke Mann der Deutschen Bank klare Pläne und Intentionen und bringt die ebenso klar auf den Punkt. Das ist schon mal sehr viel mehr als vorher war. Insofern darf man gespannt sein und der neuen Führungscrew den Raum geben, den sie braucht, um einen angeschlagenen Supertanker wieder auf Kurs und in Fahrt zu bringen.