Interview: Marc Landis | Redaktion: Colin Wallace
Mastercard ist in der Schweiz der führende Anbieter für Zahlungssysteme / Zahlungskarten. Wie sich das Unternehmen in Zeiten der digitalen Transformation für die Zukunft rüstet, erklärt Dr. Daniela Massaro, Country-Managerin von Mastercard Schweiz.
Sie haben im Sommer 2018 die Funktion der Country-Managerin von Mastercard übernommen. Welche waren die wichtigsten Aufgaben, die sie sogleich angepackt haben?
Daniela Massaro: Mastercard hat die Vision, Zahlungsmethoden jenseits von Bargeld zu entwickeln, die einfach, sicher, schnell und bequem für unsere Kunden sind. Dafür setzen wir stark auf Partnerschaften. Gleich nach meinem Antritt habe ich unter anderem das Gespräch mit diesen Partnern gesucht. Ich wollte verstehen, was ihre Bedürfnisse sind, welche Strategien sie verfolgen und wie wir sie dabei unterstützen können. Auf interner Seite habe ich geschaut, ob wir in Zürich die richtigen Ressourcen haben, um diesen Bedürfnissen gerecht zu werden.
Wie gestaltet Mastercard als Kreditkartenunternehmen seine eigene digitale Entwicklung?
Im Kern sind wir ein Technologie-Unternehmen. Innovation war schon immer einer der zentralen Kernwerte von Mastercard, wobei wir auch einen wertorientierten Ansatz verfolgen. Dies mit dem Ziel, die von uns entwickelten Lösungen und Dienstleistungen zu nutzen, um Transaktionen schneller, einfacher, komfortabler und sicherer zu gestalten. Technik ist unser Treiber. In den letzten fünf Jahren gab es in der Finanzindustrie mehr Innovation als in den 30 Jahren davor. Diese neuen Technologien stellen wir unseren Partnern in Form von Dienstleistungen zur Verfügung.
Die Debit Mastercard profitiert von allen Akzeptanzvorteilen einer Mastercard und vereint die Funktionsweise einer Maestro mit der Fähigkeit, auch online und per Mobile einzukaufen
Inwiefern ermöglicht Mastercard als Enabler die digitale Innovation in Unternehmen? Und welche digitalen Innovationen gibt es innerhalb des Unternehmens?
Die Innovationskraft von Mastercard basiert auf drei Säulen: das klassische Kerngeschäft, unsere Innovationslabors und Co-Creation, sprich die Zusammenarbeit mit vielen verschiedenen Partnern, die Ideen und Fachwissen von aussen einbringen. Das richtige Zusammenspiel dieser drei Säulen ermöglicht es uns, neue sinnvolle Lösungen zu entwickeln. In unserer Branche ist es eine Notwendigkeit, stetig neue Wege zu entwickeln und zu begehen. Nur so erhalten wir unsere Wettbewerbsfähigkeit. Wir revitalisieren bestehende Technologieangebote und entwickeln neue Lösungen, die den branchenspezifischen Herausforderungen gerecht werden. Dabei reicht es nicht aus, lediglich die Technik zu beherrschen. Konsumenten wollen in einer digitalen Welt Convenience, also eine gute User Experience, Sicherheit, Kontrolle und Privatsphäre. Als Mastercard ist es unsere Pflicht, Partnern, Händlern und Banken die richtigen Lösungen zu liefern und diese zu ermöglichen.
In unseren Mastercard Labs, die wir weltweit unterhalten, forschen Fachspezialisten an neuen Ideen. Dabei nehmen sie eine langfristige Sicht auf die Branche ein und denken darüber nach, wie Komfort in Zukunft aussehen wird. Die Labore skalieren neue technologische Innovationen in den Bereichen Sicherheit, Schutz, digitale Identitätsauthentifizierung und Financial Inclusion. Des Weiteren bieten wir die Labors auch unseren Partnern an, also quasi Labs-as-a-Service. Wir zeigen unseren Partnern etwa, wie man Ideen in fünf Tagen zu einem konkreten Produkt umsetzt.
Mastercard konnte seine Innovationsfähigkeit durch Partnerschaften und der Bündelung von Ideenquellen steigern, weshalb wir Co-Creation als dritte Säule definiert haben. Die vernetzte digitale Gesellschaft zwingt Unternehmen, den Blick über das Unternehmen hinaus zu richten, hin zu Menschen, Netzwerken, Beziehungen und Plattformen. Die Einbringung von Ideen von aussen sowie die Zusammenarbeit in verschiedenen Innovationskonsortien zum Austausch von Best Practices hilft uns, eine gemeinsame Vision davon zu entwickeln, wie Lösungen der Zukunft aussehen werden. Indem wir unsere Prozessbasis veränderten und relevante Partner miteinbezogen haben, konnten wir unsere Wertschöpfung verbessern. So konnten wir neue und optimierte Durchbruchstrategien formulieren, überzeugende Angebote gestalten, Transformationen von Managementprozessen besser verstehen und somit die Senkung von Risiken und Kosten erwirken, was letztendlich auch zu einer Steigerung von Marktanteilen und der Loyalität im Markt bewirkte. Ein Beispiel hierfür ist die Apple Card, die in den USA seit August erhältlich ist. Für dieses Produkt haben wir mit Apple und Goldman Sachs zusammengearbeitet.
Wie gestaltet Mastercard die digitale Transformation der Finanzindustrie mit?
Heute reicht es nicht mehr, nur eine disruptive Lösung zu haben. Erst das erfolgreiche Zusammenspiel von Convenience, Sicherheit, Echtzeit-Kontrolle und Datensicherheit bringen Konsumenten von heute dazu, eine neue Dienstleistung nutzen zu wollen. Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, entwickelten wir die Debit Mastercard ( DMC ). Das Prinzip ist einfach : Die neue DMC profitiert von allen Akzeptanzvorteilen einer Mastercard und vereint die beliebte Funktionsweise einer kontogebundenen Maestro mit der Fähigkeit, auch im E-Commerce-Bereich oder mobil einzukaufen. Mit solch innovativen Produkten sichern wir unseren Karten-herausgebenden Banken einen umfassenden und einfach implementierbaren Auftritt für deren digitale Lösungen verbunden mit einem optimierten Produkt.
Ein weiterer Treiber für die digitale Transformation ist « Start Path ». Mit « Start Path » haben wir ein Programm ins Leben gerufen mit dem Ziel, viel versprechende Start-ups auf der ganzen Welt zu identifizieren und zu unterstützen.
Welche Chancen sehen Sie für die sogenannten Neo-Banken, im Markt zu bestehen?
Mastercard ist Partner von mehr als 60 Digitalbanken in ganz Europa, das sind mehr als doppelt so viele wie noch vor zwei Jahren. Generell gilt aber: Konsumenten von heute wünschen sich Sicherheit und Komfort im Nutzererlebnis am meisten und zeigen sich gegenüber digitalen Produkten dann aufgeschlossen, wenn diese Prämissen gegeben und weiter ausgebaut werden. Mit unserer technologischen Expertise, der globalen Infrastruktur, entsprechenden Produkten sowie unserem weltweiten Zugang zu Finanzinstitutionen unterstützen wir digitale genauso wie traditionelle Banken dabei, kundenorientierte, bequeme und sichere Lösungen heute und in der Zukunft anzubieten.
Wichtig ist: Mobil wird immer wichtiger, weshalb wir unseren Bankenpartnern Digital-First-Lösungen anbieten. Nutzer können so in wenigen Schritten digital eine Karte beantragen und kurz darauf für Einkäufe einsetzen. Im Sommer dieses Jahres haben wir eine Studie zu Digital Banking durchgeführt. In der Schweiz nutzten demzufolge 61 Prozent der Befragten eine Mobile App einer klassischen Bank, 14 Prozent der Befragten nutzten bereits Apps von Digitalbanken. 39 Prozent können sich vorstellen, zu einer Digitalbank zu wechseln, unter jüngeren Befragten sind es sogar 48 Prozent. Grund dafür ist die verstärkte Nutzung von digitalen Banking-Dienstleistungen und Apps, womit Konsumenten von heute auch von den etablierten Banken erwarten, dass sie ähnliche Services anbieten können. Schauen Sie sich die Bankenwelt in Grossbritannien an. Im Jahr 2010 gab es nach anhaltender Konsolidierung noch sechs traditionelle Banken. Seither fand eine Trendwende statt: Zahlreiche Fintechs und Challenger-Banken sind entstanden, und London ist seit 2018 der grösste Tech-Hub Europas. Diese Banken orientieren sich konsequent nach der Kundenexperience und nutzen regulatorische Anpassungen zu ihrem Vorteil.
Wie beurteilen Sie die Zukunft von Bezahlkarten?
Der Trend zeigt eindeutig in Richtung Mobile Payment, womit wir davon ausgehen, dass das Plastik irgendwann verschwinden wird und Konsumenten ihre Bezahllösungen auf mobilen Geräten tragen werden. Für uns ist die physische Karte lediglich ein Träger für die ganze Technologie, der nun nach und nach abgelöst wird. Die Entwicklungen im Bereich Internet of Things (IoT) und Card on File schreiten rasant voran. Es liegt nicht mehr in ferner Zukunft, dass unser Auto nach der Tankfüllung oder dem Besuch im Parkhaus selbstständig bezahlen wird oder dass wir keinen Geldbeutel mehr mit uns tragen müssen, weil Bezahllösungen wie Apple Pay, Samsung Pay u.v.m. bereits jetzt auf mobilen Endgeräten, sprich Handys, Smartwatches und Wearables jeglicher Art verfügbar sind.
Wie sehen Sie die Zukunft des Schweizer Finanzplatzes? Welche Veränderungen stehen mittel- und langfristig ins Haus?
Langfristig wird sich der Trend von Mobile First und IoT für alle Beteiligten im System durchsetzen. Konsumenten von heute wünschen sich, dass ihre Dienste überall verfügbar und einfach zu bedienen sind, Echtzeit-Kostenkontrolle und -transparenz sowie mehr Flexibilität. Dieser Trend bedeutet eine grosse Herausforderung im digitalen Bereich für die traditionellen Institute. Gleichzeitig gelten Banken in der Schweiz immer noch als die vertrauenswürdigste Informationsquelle, wenn es um den Umgang mit und die Verwaltung von Kapital geht: Unsere Digital-Banking-Studie zeigte, dass mehr als zwei Drittel der Schweizer Banken nach wie vor die bevorzugte Anlaufstelle sind, was die starke Kompetenz im Bereich Beratung und Services widerspiegelt.