Am World Web Forum begegnet man interessanten Menschen und Profis. Auf der Bühne, hinter der Bühne und mitten im Publikum. Mit Tey sind wir im Publikum ins Gespräch gekommen. Weil wir in einer Pause grad mit Kameras, Kabeln und Akkus am Hantieren waren, hat er uns gefragt, ob wir die Crew mit dem Studio wären. – Ja, sind wir, und Du?
Ich bin Tey, komme aus den Niederlanden und bin unsichtbar...
Tey El-Rjula hat uns seine Geschichte erzählt. Seine ganz persönliche Geschichte, die über Umwege zu einer Vision und zu einer Lösung führt.
Tey ist Syrer, hat im Libanon und in Dubai gelebt, bevor er 2010 in Holland einen Job als Marketingtrainer angenommen hat. Sein Vertrag ist 2014 nicht verlängert worden, deshalb wurde er als Syrer des Landes verwiesen. Ein Asylantrag hat verhindert, dass er in ein Land ausreisen musste, in dem er nie gelebt hat.
«Ich tauschte ein gutes Leben mit Haus, Hund, Auto und einem guten Salär gegen ein Dasein im Asyllager, wo weder ein Bankonto noch eine Gesundheitsversicherung erlaubt war, geschweige denn Schulung und Weiterbildung.»
Die unsichtbaren Kinder
Tey realisierte, dass er als Syrer ohne Geburtsurkunde keine amtliche Identität hatte – deshalb eigentlich unsichtbar war und diesen Status mit Millionen anderen Menschen teilte. Und ihm wurde bewusst, dass erst eine Geburtsurkunde dem Besitzer Sichtbarkeit, Identität und damit Zugang zu drei zentralen Bereichen des Lebens öffnet: Bildung, Mobilität und Gesundheit.
«Indem ich die Problematik sah, nicht zuletzt, weil ich selbst sie buchstäblich lebte, weil ich auch plötzlich ohne Identität da stand, ohne Geburtsurkunde, erkannte ich die Möglichkeit, die Probleme der „unsichtbaren Kinder“, der Menschen ohne Ursprungsnachweis, zu lösen.»
Die Vision und die Lösung
Die Geburtsurkunde ist ein Dokument, das normalerweise durch die Regierung gesichert wird. So, wie andere amtliche Papiere. Nur: Papiere sind und bleiben fragil und gefährdet. Wie Regierungen auch. Und es gibt zahlreiche Gründe, weshalb Dokumente verloren gehen oder gar nie ausgestellt werden.
Tey El-Rjula gründete ein Startup, zusammen mit Partnern, und entwickelte Konzepte und Technologien, um auf der Basis der Blockchain seine Vision zu einer Lösung zu führen, die im Kern diese Punkte umfasst: Jeder Mensch hat Anspruch auf eine Geburtsurkunde, hinterlegt in der Blockchain. Diese globale Verwaltung der unveränderbaren und individuellen "Fingerprints" kann jederzeit ergänzt werden und stellt sicher, dass Menschen weder durch Kriege noch durch politische Instabilitäten oder Unachtsamkeit ihre "Papiere"und damit ihre Identität verlieren.
«Es ist verrückt, wir leben im Jahr 2017, im digitalen Zeitalter, und wir verwenden allen Ernstes noch den Werkstoff Papier für das Wesentlichste, das Menschen betrifft: ihre Identität.»
Von der Idee zum Projekt in Entwicklung
Tey El-Rjula hat Pläne und Technologien konkretisiert und inzwischen wesentlich ausgebaut. Vor allem auch um monetäre Komponenten und Dimensionen erweitert, welche darauf zielen, Menschen ohne Bankkonto am Zahlungsverkehr teilhaben zu lassen. Tey ist jedoch der festen Überzeugung, dass der entscheidende Schritt für alles Weitere darin liegt: dafür zu sorgen, dass es in naher Zukunft keine "unsichtbaren Kinder" mehr gibt. Ist das erreicht, ergeben sich die nächsten Schritte von selbst. Das ist die Mission und das Projekt von Bitnoxx. Das Startup ist mit einem ersten Gründerpreis in Utrecht ausgezeichnet worden und das Team ist am Wachsen, wie Tey die Entwicklung beschreibt. Läuft das Projekt nach Plan, wird die Blockchain als Basistechnologie um eine konkrete Anwendung mit hohem Nutzwert erweitert.
Die ungewöhnliche Geschichte, welche über persönliche Betroffenheit zu einer Idee und zu einem Startup führt, das die Welt zu einer besseren machen will, behalten wir nicht für uns. Wir haben das Gespräch mit Tey El-Rjula nach der zufälligen Begegnung im Publikum in unserem FinTech-Studio am World Web Forum weitergeführt.
Tey El-Rjula im Interview mit Oscar Neira über die Blockchain, seine Vision und die Lösung.
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